Friede auf Erden
Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898)
Da die Hirten ihre Herde
Liessen und des Engels Worte
Trugen durch die niedre
Pforte
Zu der Mutter und dem Kind,
Fuhr das himmlische Gesind
Fort im
Sternenraum zu singen,
Fuhr der Himmel fort zu klingen:
"Friede, Friede!
auf der Erde!"
Seit die Engel so geraten,
O wie viele blutge Taten
Hat der Streit auf
wildem Pferde,
Der geharnischte, vollbracht!
In wie mancher heilgen
Nacht
Sang der Chor der Geister zagend,
Dringlich flehend, leis
verklagend:
"Friede, Friede auf der Erde!"
Doch es ist ein ewger Glaube,
Dass der Schwache nicht zum Raube
Jeder frechen Mordgebärde
Werde fallen allezeit:
Etwas wie Gerechtigkeit
Webt
und wirkt in Mord und Grauen,
Und ein Reich will sich erbauen,
Das den
Frieden sucht der Erde.
Mählich wird es sich gestalten,
Seines heilgen Amtes walten,
Waffen
schmieden ohne Fährde,
Flammenschwerter für das Recht,
Und ein königlich
Geschlecht
Wird erblühn mit starken Söhnen,
Dessen helle Tuben
dröhnen:
Friede, Friede auf der Erde!
Score: Friede auf Erden
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